Darf ich mich vorstellen? Ich bin Leopold Zausel von der Distelbeck. Willkommen in meinem virtuellen zu Hause.

Leider habe ich vor langer Zeit mein Heim verloren und musste eine Zeit lang auf der Straße leben. Aufgrund einer kleinen Fehlfunktion meiner Schilddrüse wurde ich dort sehr krank und brauchte dringend Hilfe. Meine Retter vom Tierschutzverein Groß-Essen e. V. haben nicht lange gefackelt und mich zu sich genommen. Dort wurde ich mit viel Liebe von den Pflegern aufgepäppelt und durfte sogar für ein paar Tage in ein Katerhotel mit VIC*-Zimmer. Die Wirte Bea und Ernst haben mich dort besonders gut behandelt und sich hervorragend um mich gekümmert. Und am 23. Dezember 2011 war es dann soweit: Ich bekam mein neues zu Hause mit eigener Schmuserin und Betreuerin, die nur noch für mich da ist.

Meine Namensgebung war so eine Sache. Da ich im Distelbeckhof in Essen-Katernberg (ein sehr schöner Stadtteil-Name!) gefunden wurde, nannten die Leute im Tierheim mich Distel. Bea und Ernst haben festgestellt, dass ich aussah wie ein Zausel, da ich ziemlich übel vom Tierheim-Frisör zugerichtet wurde. Doch meiner Betreuerin verriet ich meinen vollständigen Namen: Leopold Zausel von der Distelbeck, für Freunde kurz Leo.

*) VIC = very important cat

Montag, 16. Januar 2012

zu Hause

Heute ist es draußen knackig kalt. Als meine Mitbewohnerin heute Morgen die Fenster aufgerissen hat, um zu lüften, konnte ich gar nicht schnell genug unter die frei gewordenen Kuscheldecke flüchten. Natürlich ist sie so anständig und lüftet erst, wenn ich gefrühstückt habe.

Als der kalte Hauch der verschwindenden Nacht durch unsere Räume zog, und ich mich unter die warme Decke verkroch, wurde ich auf einmal richtig froh. Froh, dass ich nicht noch draußen leben muss, sondern endlich wieder ein schönes zu Hause habe.

Meine Retter fanden mich, als es langsam unangenehm kalt wurde. Ja gut, sagt ihr bestimmt, du hast doch ein tolles dichtes Fell, das dich wärmt. Aber so knotig wie es war, konnte es mich nicht wirklich warm halten. Und meine Unterkunft war alles andere als schön oder sicher. Ich hielt mich in dunklen Kellern und Gebüschen auf und hoffte auf ein Mäuschen oder ein fallen gelassenes Leckerchen. Manchmal hatte ich auch Glück und bekam von einem lieben Menschen eine Mahlzeit serviert. Glaubt mir, damals bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun, wie ich durch den Winter kommen sollte.

Und dann musste ich an mein altes Heim denken. Auch wenn nicht alles toll war, so war ich dort doch zu Hause. Und ich bin doch ein netter Kerl. Vermissen die mich eigentlich? Haben die mich gesucht? Suchen sie noch nach mir?

Die anderen Katzen im Tierheim haben mir erzählt, dass sie einen Schipp bekommen haben. Das ist so etwas wie ein Ausweis. Keine Ahnung, was das wirklich heißt. Aber soweit habe ich es doch verstanden, dass Menschen ihren Katzenschaften (ja gut und Hundeschaften) solche Ausweise geben, damit sie nie verloren gehen. Ich habe so etwas nicht.

Was genau damals passiert ist, als ich meine Menschen verloren habe, weiß ich nicht mehr. Anfangs war es ja auch noch ein Abenteuer, ich allein auf den Straßen der Stadt. Doch dann hörte der Spaß auf und es wurde ernst...

Eines weiß ich mit Sicherheit: Heute geht es mir wieder gut. Meine Schmuserin teilt mit mir ihr Bett. Und heute hat sie mir frisches Rindfleisch mit gebracht. Ganz klein gehackt, damit ich es auch ohne Zähne fressen kann. Ich liege an der Heizung und genieße die warme Luft, die dort heraus strömt. Und meine Schmuserin hat mir versprochen, dass ich für immer bei ihr bleiben darf.

Heute bin ich glücklich darüber, dass ich ein alter Kater bin. Denn alte Kater können ganz schnell vergessen und ein neues Leben anfangen. Und mit jedem Tag, den ich hier bin, verblassen die Erinnerungen an die Kälte und den Hunger, die Angst und das Alleinsein.

Ihr felligen Freunde da draußen: Erzählt Euren Bediensteten, dass es diese Schipps gibt. Zeigt ihnen diese Geschichte und erinnert sie daran, dass Ihr nicht verloren gehen wollt!

Alles Liebe und guckt manchmal nach, ob da jemand ein zu Hause braucht.
Euer Leo

5 Kommentare:

  1. ja lieber Leo, ein warmes Revier ist doch etwas feines. Du hast bestimmt einiges in der Wildnis erlebt - schönes wie weniger schöne Situationen - da können wir ja gar nicht mitmaunzen ;) Bei uns ist der Besuch zur Frau Doktor ja schön eine Art Überlebenstraining.

    Es ist wirklich toll, dass du nun ein schönes warmes Revier und eine liebe Schmuserin gefunden hast. Irgendwie seid ihr ja auch noch in der Kennenlern-Phase und bestimmt bald unzertrennlich. :)

    Nasenstumper
    Felix & Shadow

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  2. Michaela Haase - Betreuerin18. Januar 2012 um 01:15

    Hallo Ihr lieben Fellnasen,
    hallo Dosis,

    der Leo und ich kommen jeden Tag näher zusammen. Wie es sich für einen anständigen Kater gehört, lässt er sich nicht alles gefallen und zeigt mir schnell seine Grenzen. Doch ein paar Streicheleinheiten lässt er inzwischen sehr gerne geschehen. - Nur ja nicht zuviel.

    Leider hat er keine schönen Erfahrungen gemacht, so dass wir Beide noch viel Geduld und Zeit brauchen. Aber die nehmen wir uns einfach.

    Ganz liebe Grüße vom Leo und mir,

    Ela

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  3. Hallo Leo,
    unser Franzi hat auch auf der Straße gelebt und weiß wie es ist sich durchzuschlagen - er hat die Zeit aber auch schon ganz weit nach hinten in die Schublade verfrachtet. Denn nur das Jetzt ist das was zählt und da hast du ja ein wundervolles Zuhause bei deiner Schmuserin und darüber freuen wir uns sehr.
    Von diesen Schipsen haben wir auch schon gehört, aber wir sind reine Stubenkater und außerdem würde unsere Dosies uns suchen.
    Leider gibt es zu viele Dosies, die noch nicht mal so eine Kastra-Dingsda bezahlen können und von so einem Schips ganz zu schweigen und viele wollen ihre Katzen ja leider auch nicht mehr wieder haben :-(
    LG Engel und Teufel

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  4. Hallo Engelchen und Teufelchen,

    kann es sein, dass Ihr manchmal auf meiner Schulter sitzt?

    Wenn jemand einen so tollen Mitbewohner wie Euch oder mich haben will, muss er doch wissen, dass wir nicht nur von Mäusen und Liebe leben können. Es ist doch ganz gemein, wenn die Menschen uns so schlampig behandeln. Da bin ich schon froh, dass es Menschen wie unseres Dosis gibt, die sich so lieb um uns kümmern (lasst das aber bloß nicht meine Dosine hören, sonst steigt Ihr das noch zu Kopf ;-) ).

    LG Leo

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    1. Kann schon sein, Leo :-D Da wo die Schulter tiefer hängt sitzt der Teufel :-)
      Ja zum Glück gibt es Dosies wie eure und unsere und zum Glück gibt es noch ganz viele, die sich um die armen Geschöpfe auf der Straße kümmern. Aber leider können die auch nicht allen helfen :-(
      LG Engel und Teufel

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